Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen hat am 26. Oktober das Jubiläum „100 Jahre Frauenwahlrecht“ gefeiert. Aus Berlin war die Journalistin Rebecca Beerheide nach Osnabrück gekommen, um im Rathaus über das Thema „Wählen? Frauen? Anders?“ zu referieren. Im gut gefüllten Ratssitzungssaal hörten die Anwesenden einen engagierten Vortrag, bevor sich eine lebhafte Diskussion entwickelte.
Die Vorsitzende der AsF, Julia Schwanholz, moderierte den Abend und erinnerte in ihrer Einführung an die Verankerung der Gleichberechtigung im Grundgesetz. Was längst niedergeschrieben stehe, müsse gesellschaftlich jeden Tag aufs Neue gelebt und geschlechterübergreifend umgesetzt werden. Davon profitierten schließtlich alle Menschen in unserem Land. Auch betonte sie die neuen Herausforderungen durch die multikulturelle Gesellschaft: Das aktive und passive Wahlrecht für Frauen sei demnach eine Errungenschaft, die zwar bei uns seit 100 Jahren bestehe, längst aber nicht zum Alltag vieler Menschen gehöre, die heute in unserem Land leben. Sie „mitzunehmen“, sei daher eine wichtige zivilgesellschaftliche und parteipolitische Aufgabe.
Die Gastrednerin des Abends, Rebecca Beerheide, machte in ihrem Vortrag deutlich, wie stark Anspruch und Realität zwischen 1949 und heute noch immer auseinanderklafften. Der Kampf um das Frauenwahlrecht begann noch vor der Mitte des 19. Jahrhunderts und sollte rund 70 Jahre dauern. Historisch war diese Zeit geprägt von kriegerischen Auseinandersetzungen und der sozialistischen November-Revolution 1918 in Deutschland. Die besondere Schwierigkeit, überhaupt Gehör zu finden, bestand für Frauen damals darin, dass sie aufgrund des preußischen Vereins- und Pressegesetzes nicht an Versammlungen teilnehmen oder sich in irgendeiner Form organisieren durften. Auch konnten sie keine Medien herausgeben oder in Redaktionen mitarbeiten. So war es 1891 die SPD, die als erste Partei, die Bemühungen um das Frauenwahlrecht in ihr Parteiprogramm aufnahm.

Es sollte aber noch bis zum 19. Februar 1919 dauern, bis Frauen nach Ende des Ersten Weltkriegs endlich wählen durften. 82 Prozent der Frauen machten von ihrem ersten, aktiven Wahlrecht Gebrauch. Im neu gewählten Parlament in Weimar saßen 37 Frauen, 25 davon kamen aus der SPD. Nur neun Prozent betrug der Frauenanteil im Parlament 1919. Verglichen damit könnte man 30,7 Prozent im Jahr 2018 – also rund 100 Jahre später – als einen Erfolg betrachten. Doch, so mahnte Rebecca Beerheide eindinglich, von einer echten Teilhabe von Frauen am politischen Tagesgeschäft könne man bei weniger als einem Drittel Frauenanteil im Deutschen Bundestag wahrlich noch nicht sprechen. Daher beleuchtete sie anschließend noch die Perspektiven von Frauen: Bereits das Bundesverfassungsgericht hat in einem Urteil auf die Berücksichtigung paritätischer Elemente verwiesen. In Frankreich gibt es seit 2001 längst ein Paritégesetz, das es Frauen ermöglicht, einfacher und hoffentlich gleichberechtigter an Politik beteiligt zu sein. In Deutschland verläuft die Kontroverse vor allem zwischen dem gesetzlichen Gleichstellungsauftrag und dem Parteien- und Wahlfreiheitsgesetz. Damit wir bei der Einführung des Frauenwahlrechts nicht stehen bleiben, so lautete das gemeinsame Fazit nach Vortrag und Diskussion, müssten Frauen sich weiterhin an der Gestaltung von Politik beteiligen.
Im Schlusswort erinnerte Julia Schwanholz daran, dass die Veranstaltung zum Frauenwahlrecht Teil einer AsF-Reihe war, der noch weitere Lesungen, Diskussionsveranstaltungen und Filmvorführungen in 2019 folgen werden.